Wer die Sammlungspräsentation des Museums MAMCO in Genf besucht, wird eine überraschende  Entdeckung machen. In einem der Ausstellungsräume öffnet sich die weiße Wand der klassischen White-Cube-Präsentation und lädt den Besucher ein, auf eine Reise zu gehen. Eine schmale, felsenartige Öffnung ermöglicht es, den eigentlichen Galerieraum zu verlassen und eine dunkle Grotte zu betreten. Die Installation Be Good! Be Bad! Just Be (deren Titel sich auf eine Parfüm-Kampagne von Calvin Klein aus den 90er-Jahren bezieht), wurde anlässlich Sylvie Fleurys Retrospektive im Jahr 2008 erstmals präsentiert und 2011 vom Museum angekauft. Die Arbeit ist eine Art „Gegenstück" innerhalb des Werks der Künstlerin, die sich häufig mit Themen wie Konsum oder Luxus befasst und hier der vermeintlichen „Oberflächlichkeit" eine Art "dunkler Nacktheit“ gegenüberstellt. Ihren überirdischen Reisen, denen sie mit Raketen und fliegenden Untertassen nachging, stellt sie hier einen Ort des inneren Rückzugs gegenüber. Wie der Titel bereits andeutet, lädt die Höhle zur Erforschung und zur Rückkehr zum Selbst ein. Ganz im Sinne ihres freiheitlichen künstlerischen Konzepts macht Fleury hier den Gegensatz von Oberflächlichkeit und Innerlichkeit zum Thema und ermöglicht  den Besuchern des MAMCO einen Moment des Innehaltens.

Anlässlich des Gallery Weekend Berlin im September präsentiert Mehdi Chouakri zwei Ausstellungen mit Sylvie Fleury am Fasanenplatz und in der Mommsenstrasse.

Frage Nr. 28: Ihre Heldinnen in der Geschichte?

„Zum Beispiel Katharine Hepburn, wegen Ihrer Fähigkeit vor der Kamera und in ihrem Leben immer genau der Mensch zu sein, der sie sein wollte, eine selbstbestimmte Frau.“

Lothar Hempels Ausstellung FREITAG DER 13. ist noch bis zum 18. April nach Vereinbarung am Fasanenplatz zu sehen.

Nachdem im vergangenen Jahr bereits eine umfassende Publikation zu John Armleders Ausstellung in der Frankfurter Schirn Kunsthalle  erschienen war, wird die Biographie des Schweizer Künstler nun abermals deutlich erweitert: Der neueste Katalog, hervorgegangen aus zwei vielbeachteten, umfangreichen Ausstellungen in Italien – Madre Museum in Neapel und Museion Bozen – bietet einen grossartigen retrospektiven Überblick über das äusserst vielfältige Werk Armleders. Die Publikation dokumentiert ausführlich die beiden Ausstellungen in Neapel und Bozen – eine Zusammenstellung von Installationen und armledertypischen „Gesamtkunstwerken" – und lässt den Leser auch dank des innovativen Grafikdesigns von Gavillet & Cie., Genf, „schwindelerregend“ in Armleders künstlerischen Kosmos eintauchen. Die Publikation beinhaltet sowohl ein ausführliches Gespräch zwischen Armleder, Andrea Viliani und Letizia Ragaglia, als auch einen Essay von Heidi Zuckermann über die Malerei Armleders und ihre historische Relevanz. Des Weiteren vervollständigen eine umfassende Biblio- und Biographie der Kunstkritikerin und Historikerin Chiara Costa den Katalog. In ihrem Essay unterstreicht Zuckerman auch die Tatsache, wie sehr Armleders stets ungebundene, freiheitliche Praxis zum Vorbild für Generationen jüngerer zeitgenössischer Künstler wurde: "In einer Zeit, in der der Versuch der Kategorisierung als Mittel zum Verständnis und zur Selbstverortung sowohl im Leben als auch in der Kunst vorherrscht, bleibt John M. Armleder dafür bekannt, dass er keine Einschränkungen oder festen Arbeitsweisen hat.“ 

Die Eröffnung von It never ends – John M Armleder & Guests im Kanal – Centre Pompidou, Brüssel ist auf einen späteren Zeitpunkt verschoben.

Nach langem Hin und Her ist Großbritannien seit Ende Januar nicht mehr Teil der Europäischen Union, aber dank Hans-Peter Feldmann in der Galerie und darüberhinaus nach wie vor präsent. 5 Pounds Bill with Clown Nose ist der Gegenpart zu Feldmanns ikonischem Stück Dollar Bill with Clown Nose. Die ehrwürdige Banknote mit dem Porträt von Elisabeth II wird durch eine dadaistische Geste umgedeutet: Feldmann fügt dem  Porträt der Königin die rote Nase eines Clowns hinzu – auch lesbar als ironisches, humorvolles Statement zum Thema Würde oder Kapitalismus. Für die neuste Fassung dieser höchst erfolgreichen Serie verwendet Feldmann nun die aktuelle 5-Pfund-Note, die 2016 erstmals auf den Markt kam und sich deutlich von ihren Vorgängerinnen unterscheidet. Waren die Scheine bis dahin noch aus Baumwollpapier gefertigt, ist die königliche Notenbank nunmehr zu einem synthetischen Polymer mit dreidimensionalem Wasserzeichen übergegangen – staatliche und institutionelle Interventionen haben nicht nur direkten Einfluss auf den Kunstmarkt, sondern zeigen sich hier auch im Kunstwerk selbst.

Hans-Peter Feldmanns Dollarnote sowie viele weitere Editionen und Bücher werden bald auf unserer neuen Online Plattform Mehdi's Bookshop erhältlich sein.

"Die Schuhe und ihre Sohlen sind das Zwerchfell, das uns vom Boden und von der Welt trennt. 

Sie sind eine Oberfläche zum Reaktivieren, eine Haut zum Aufleuchten. 

Dies ist eine Möglichkeit, die räuberische und taube Beziehung, die wir Menschen mit den Dingen der Welt haben, zu überprüfen. 

Um einen animistischen Blick zu reaktivieren, brechen wir die Anonymität, in der wir die Lebewesen und die stille Materie ertränkt haben. 

Endlich und glücklich mit unseren Füßen denken."

– Luca Trevisani
 

Die Arbeit Dream Republic von Luca Trevisani ist noch bis zum 26. April in der Gruppenausstellung REAL_ITALY im MAXXI Museum in Rom zu sehen.

Es gibt seltsame Zufälle. Während man über die Planung einer Ausstellung nachdenkt, fällt einem ein Katalog in die Hände: Der Almanach 18 vom Consortium in Dijon, der einen besonderen Künstler in einem ausführlichen Beitrag hervorhebt. Die Ausstellung in Dijon aus dem Jahr 2018, sowie die anstehende Schau bei uns in der Mommsenstraße im kommenden April, haben den selben Protagonisten: Salvo. Der 1947 in Sizilien geborene Salvo (bürgerlich Salvatore Mangione) starb 2015 in Turin, wohin er in den 1960er Jahren mit seiner Familie gekommen war. Salvo  widmete sich schon als Jugendlicher der Malerei, indem er die großen Meister, wie Rembrandt oder Chagall, kopierte. Während einer Reise nach Paris im Jahr 1968 beeindruckte ihn die rebellischen Energie der Studentenbewegung derart, dass seine Kunst nach seiner Rückkehr nach Turin eine deutliche Wende nahm. Er verbrachte viel Zeit mit den Künstlern der Turiner Arte Povera um Merz, Penone, oder Boetti (mit dem Salvo zeitweise das Atelier teilte) und lernte  auch Konzeptkünstler wie Sol LeWitt oder Joseph Kosuth kennen. Von da an entwickelte er ein Werk, das von unterschiedlichem avantgardistisch-ästhetischem Interesse geprägt war und aus dem er eine eher unorthodoxe Synthese schuf: Salvo nahm Anleihen bei scheinbar widersprüchlichen Bewegungen, kümmerte sich wenig um kunstinterne Cliquen und thematisierte sich in seinen Arbeiten oft selbst als zentrale Figur. Bald unbestritten erfolgreich, stellte er bei Gian Enzo Sperone in Turin und Paul Maenz in Köln aus, nahm 1972 an der von Harald Szeemann kuratierten documenta 5 teil und schien für eine große internationale Karriere bestimmt. Doch Salvo erkannte den paradoxen Konformismus der damaligen, eher linksgerichteten  Avantgarde und entschied sich 1973 zur allgemeinen Überraschung, zur Malerei zurückzukehren. Damit nahm er die international flächendeckende Rückkehr zur Malerei zu Beginn der 1980er Jahre vorweg, widmete sich der figurativen Malerei oder malte Landschaften, in denen alle Elemente extrem vereinfacht sind: Baumkronen erscheinen als farbintensive Wolken oder Architekturen als vereinfachte räumliche Gebilde. Salvo, der mit den künstlerischen Experimenten der 1970er Jahre bestens vertraut war, aber auch aufgewachsen ist im Land eines Giorgio Morandi oder de Chirico, gelang in seinen Gemälden eine faszinierende, nicht zu entschlüsselnde Symbiose aus formaler Reduktion und bildgewordener Farbmagie.

Salvos Ausstellung Autogrill ist noch bis zum 18. April nach Vereinbarung in der Mommsenstrasse zu sehen.

Februar 1999: In Berlin bildet sich eine Menschentraube vor der Galerie Mehdi Chouakri, um die Eröffnung der angekündigten Ausstellung des Künstlerduos Plamen Dejanov und Svetlana Heger zu besuchen. Doch zwei Schilder, angebracht am Schaufenster der Galerie in der Gipsstraße, lassen die Besucher ungläubig vor verschlossenen Türen stehen: "Die Galerie ist wegen Urlaub geschlossen". Es herrschen Ratlosigkeit und Neugier. Nach zwei Wochen öffnet die Galerie wieder ihre Türen als wäre nichts gewesen. In den Ausstellungsräumen sind jetzt Fotos des vergnügten Galeristen zu sehen, wie er einen Urlaub auf Teneriffa genießt, in den ihn die zwei Künstler geschickt hatten. Besuchern erzählt der Galerist bereitwillig wie schön es in den Ferien war. Was war geschehen? Die Aktion war Teil einer konzeptuellen Arbeit von Plamen Dejanov und Svetlana Heger, die sich in ihrer Kunst vor allem mit Arbeitsprozessen beschäftigten. Mit dem Verzicht auf eine konventionelle Ausstellung und der Einbeziehung des Galeristen wird das klassische Verhältnis auf den Kopf gestellt: Die Auszeit des Galeristen wird zur Produktion der Ausstellung, die folglich erst mit zweiwöchiger Verspätung beginnt. Sichtbares Ergebnis der künstlerischen Intervention war ein reich bebildertes Fotoalbum mit Schnappschüssen aus der Ferienzeit, das heute Teil der Sammlung FER Collection in Ulm ist.